“Wie wird man Speaker bei der Netzwerk Recherche Jahreskonferenz? Als hochdekorierter Journalist? Ja. Aber es reicht auch, wenn man mal im Bus verschlafen hat und in Paris aufgewacht ist.” Sebastian Quillmanns freudiger Facebook-Post bringt es auf den Punkt: Der Reporter Slam als Bühnenshow sorgt für Überraschungen in der Medienbranche. Mit ihm kann dann auch ein Konferenztag voller ernsthafter Vorträge und intensiver Diskussionen mit sehr lautem Lachen enden.
So wie am Freitag im NDR-Konferenzzentrum: Zum zweiten Mal nach 2017 hatte sich das Netzwerk Recherche einen Reporter Slam als Abendprogramm seiner Jahreskonferenz gewünscht. Der Wunsch wurde erfüllt: Moderator Jochen Markett reiste mit vier Slammern aus ganz Deutschland an. Und sie lieferten das, was die ca. 150 Zuschauer im Saal nach einem langen Tag erwarteten: gute Unterhaltung.
Den Auftakt machte Sebastian Quillmann, der inzwischen als Lektor für den Motorbuch Verlag in Stuttgart arbeitet. Er trat außer Konkurrenz auf und erzählte die Geschichte, mit der er Anfang 2018 bereits den Reporter Slam in Köln gewonnen hat: wie er an einem Freitag, den 13., im Flixbus einschlief, seinen Umstieg verpasste, erst in Paris wieder aufwachte – und damit zum begehrten Objekt medialer Berichterstattung wurde, über die Grenzen Deutschlands hinaus.
Den eigentlichen Wettbewerb eröffnete dann Ann-Kathrin Büüsker. Normalerweise steht sie als Moderatorin beim Deutschlandfunk eher im Studio. Aber einmal im Jahr lässt ihre Redaktion sie tatsächlich raus – und schickt sie zum FDP-Parteitag. Und dort gelingt es ihr dann regelmäßig, absurde Zitate von Christian Lindner über Twitter viral gehen zu lassen.
Wie es ist, wenn man plötzlich zum Internetphänomen wird, weiß jetzt auch Florian Bauer. Der Phoenix-Moderator und Sport-Experte hatte im März den damaligen DFB-Präsidenten Reinhard Grindel interviewt. Die skurrilen Aufnahmen, wie Grindel das Gespräch plötzlich empört abbrach, verbreiteten sich danach rasend schnell im Netz. Eine Geschichte, wie geschaffen, um sie bei einem Reporter Slam vorzutragen – was Florian Bauer in Hamburg dann auch tat.
Und last but not least gehörte die Bühne Daniel Sprenger, einem Autor der NDR-Satiresendung extra3. Deren Redaktion verbindet man nicht in erster Linie mit Recherche-Scoops. Aber Sprenger zeigte, warum das ein fataler Fehler ist. Für seine google-Suchen und Videos vom realen Irrsinn holte er sich dann auch den lautesten Applaus – und somit den Goldenen Pokal. Und als neuer Hamburger Reporter Slampion wird er nun am Jahresfinale teilnehmen, das am 11. Januar 2020 im Heimathafen Neukölln stattfindet.
Wer sich Sprengers Auftritt und überhaupt den gesamten Slam noch einmal anschauen will, kann das in diesem Video tun:
Und auch die schönen Fotos der Show, die Raphael Hünerfauth gemacht hat (http://huenerfauth.ch/), zeigen: Recherche ist nicht nur ein Abenteuer – sondern kann auch echt Spaß machen.